Workshop-Bericht zum Thema Stadtbezirksbeirat

Am 6. Mai organisierte das KuRSiF in Kooperation mit dem Herbert-Wehner Bildungswerk einen Workshop mit dem Titel „Was ist der Stadtbezirksbeirat: Ein Einblick in das kommunalpolitische Engagement“. Mit den anstehenden Kommunalwahlen vor der Tür sollte hier ein Einblick in die Tätigkeiten von gewählten Vertretern und Vertreterinnen sowie der Arbeit eines Stadtbezirksbeirats gegeben werden.

Dazu gab es erst eine einstündige Gesprächsrunde mit den beiden Stadtbezirksbeirätinnen Doro Marth (SPD) und Julia Günther (Grüne). Die Moderation des Gesprächs übernahm Paula Starre vom Wehnerwerk.

Julia ist seit 2012 und Doro seit 2009 Mitglied des Beirats. Der Stadtbezirksbeirat kann als kleinere, lokalere Version des Stadtrats verstanden werden und bearbeitet Themen, welche für die jeweiligen Stadtgebiete (bestehende aus verschiedenen Stadtteilen) relevant sind. Seit der letzten Wahlperiode wird der Beirat direkt gewählt. Zuvor schlugen die Fraktionen im Stadtrat Vertreter:innen selbst vor.

Die Sitzungen des Beirats sind geprägt durch eine vielfalt an Themen. Von Straßenbau und Lichtinstallationen bis hin zu finanziellen Unterstützungen von Vereinen und einzelnen Projekten und Veranstaltungen. Außerdem werden die gewählten Vertreter:innen über Themen in Kenntnis gesetzt, die sie selbst zwar nicht beschließen aber den jeweiligen Stadtbezirk betreffen.
Genau diese Vielfalt schätzen Doro und Julia sehr und berichten, dass sie schon sehr viel über verschiedene Themen gelernt haben.

Sie berichten auch, dass der direkte Bezug zu den einzelnen Themen viel stärker ist als zum Beispiel im Stadtrat. Themen, die hier im Beirat behandelt werden, betreffen sie selbst oder Menschen, die sie kennen, direkt. Es ist auch möglich, dass direkt Themen in die Sitzung eingebracht werden und so der Gestaltungsspielraum, also die Möglichkeit etwas vor Ort zu verändern, durchaus gegeben ist.

Neben diesen Aspekten, welche die Motivation für die Arbeit steigern, berichten die beiden auch von den demotivierenden Teilen ihrer Arbeit. So setzt sich der Beirat hauptsächlich aus männlichen Vertretern zusammen und sowohl Julia als auch Doro haben bereits Erfahrung mit unangenehmen Verhalten ihnen gegenüber gemacht, weil sie Frauen sind. Auch die Anwesenheit der Mitglieder der AfD prägt die Stimmung und den Ton im Beirat laut ihnen negativ.
Dazu kommt, dass Sitzungen oft sehr lange dauern und Änderungsanträge, also von Mitgliedern des Beirats vorgeschlagene Änderungen an Anträgen, oft nur sehr kurzfristig vor den eigentlichen Sitzungen gestellt werden. Diese Kombination macht es bestimmten Bevölkerungsgruppen schwer bis unmöglich, im Stadtbezirksbeirat zu arbeiten. Menschen mit Kindern zum Beispiel oder Menschen, die tagsüber keinen Zugriff auf ihre Mails haben, werden hier benachteiligt. Die beiden bemängeln daher, dass die eigentliche Gesellschaft im Stadtbezirksbeirat nicht richtig abgebildet wird.

Dass die Sitzungen so lange dauern, muss nicht unbedingt so sein, sagen die beiden. Die Leitung der Sitzungen übernimmt Stadtbezirksamtsleiter Jörg Lämmerhirt. Dieser könnte wohl die Sitzungen durch eine entsprechende Leitung deutlich einkürzen. Außerdem scheint es so zu sein, dass die Leitzung des Beirats viele Entscheidungen selbst trifft. Zum Beispiel gab es zur Campuslinie (Stadtbahn 2020) einen Antrag von der CDU-Fraktion und der Grünen-Fraktion. Beide zum gleichen Thema mit unterschiedlichen Inhalt. Auf die Tagesordnung wurde jedoch nur der Antrag der CDU aufgenommen, erzählt uns Julia.

Trotz dieser Umstände, durch die sie beiden schon mehrmals vor dem Aufgeben standen, finden sie ihre Arbeit wichtig und sehen auch immer wieder Potential, Dinge zu erreichen und zu bewegen. Hierfür ist oftmals die öffentliche Berichterstattung notwendig. 2019 sollte es zum Beispiel ein interkulturelles Bürgerfest von „Prohis ist bunt“ geben. Auf diesem sollte unter anderem die Band Banda Comunale spielen. Die Finanzierung wurde damals abgelehnt. Durch die Berichte in der Presse konnte der Druck jedoch soweit erhöht werden, dass das Fest am Ende doch stattfinden konnte.

Die Arbeit im Stadtbezirksbeirat ist oft nicht die spannendste und je nach politischen Verhältnissen können Ideen einfach umgesetzt werden oder brauchen viel Vorlauf und einen langen Atem. Dennoch ist die Arbeit sehr wichtig und vor allem der lokale Gestaltungsspielraum kann sehr erfüllend sein und eine gute Möglichkeit darstellen, sich in unseren demokratischen Prozessen einzubringen.

Wir danken allen Beteiligten für ihre Zeit und Offenheit in den Gesprächen.